Klassifizierung & Märkte
Der Leistungsauftrag
Öffentliche Schlachtviehmärkte
Die öffentlichen Schlachtviehmärkte mussten im Frühjahr infolge der Coronapandemie während rund acht Wochen vom 17. März bis 11. Mai 2020 geschlossen werden. Nach dem 11. Mai konnten Schlachtviehmärkte unter strengen Auflagen wieder stattfinden. Das erwartete grosse Angebot nach der erzwungenen Schliessung blieb allerdings aus und die aufgeführten Tiere wurden regelrecht erkämpft. Ab Mitte Mai lagen die Kuh- und Bankviehpreise wieder über dem Niveau von vor der Coronakrise.
Vom Teillockdown im Herbst waren die Schlachtviehmärkte nicht betroffen und konnten gemäss dem Jahresmarktprogramm durchgeführt werden. Die Auffuhren bewegten sich beim Rindvieh im Rahmen der Vorjahre, bei den Schafen war die Auffuhr generell rückläufig.
Neutrale Klassifizierung in den Schlachtbetrieben
Die Klassifizierung in den Schlachtbetrieben konnte gemäss Auftrag auch unter den Restriktionen der Coronapandemie in gewohntem Rahmen durchgeführt werden. Dies auch, weil in den Schweizer Schlachtbetrieben generell strikte Hygienebedingungen gelten und die Zutritte streng geregelt sind. Die Schlachtbetriebsklassifizierer von Proviande wurden so eingesetzt, dass die Kontakte möglichst in einem engen geografischen Raum und Personenkreis stattfanden.
In den Zeiten des Lockdowns hat es kurzfristig Veränderungen in den Schlachtvolumen gegeben. Diese Situation war nur von kurzer Dauer. Dank des guten Fleischkonsums konnten die Schlachtzahlen rasch wieder im gewohnten Ausmass erfolgen.
Tabelle: Neutrale Klassifizierung Schlachtkörper 2020
| Anzahl Schlachtungen | Klassifiziert durch Proviande | Anteil klassifiziert in % |
---|---|---|---|
Grossvieh | 402’660 | 348’990 | 86,7 |
Kälber | 199’761 | 174’826 | 87,5 |
Schweine | 2’485’256 | 2’279’253 | 91,7 |
Schafe | 234’111 | 141’197 | 60,3 |
Marktinterventionen
Dank des Instruments der Marktinterventionen und der ausserordentlichen zusätzlichen Bundesmittel ist es gelungen, trotz zeitweise eingebrochener Nachfrage, einen starken Einbruch bei den Produzentenpreisen zu verhindern. Mit der regelmässigen Marktbeurteilung und den je nach Situation kurzfristig beschlossenen Massnahmen konnte der Markt rasch wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Im Frühjahr, als der Fleischmarkt durch die Schliessung der Gastronomie unter Druck geriet, konnten Kalb-, Rind- und Gitzifleisch eingelagert werden. Diese Marktentlastungsmassnahmen zeigten insbesondere beim Grossvieh rasch Wirkung. Die Schlachtkühe waren bereits Ende April wieder gesucht und die Nachfrage nach Fleisch blieb gut. In der Folge konnten Rind- und Gitzifleisch schnell wieder zur Auslagerung freigegeben werden.
Bei den Kälbern stabilisierte sich der Markt im Sommer mit der Wiedereröffnung des Gastrokanals, die Preise erholten sich rasch und innert kurzer Zeit konnte ein grosser Teil der eingelagerten Menge wieder zur Auslagerung freigegeben werden. Weil durch die neuerliche Schliessung der Gastronomie die traditionellen Familienfeiern oder Weihnachtsessen ausfielen, geriet der Kalbfleischmarkt im Herbst wieder unter Druck. Dank der sehr kleinen Angebote blieb ein erneuter Preissturz jedoch aus. Die Lage blieb aber trotz Aktivitäten im Detailhandel bis Ende Jahr angespannt.
Tabelle Marktinterventionen 2020
Rindfleisch | Kalbfleisch | Gitzifleisch | |
---|---|---|---|
Eingefrorenes Fleisch | 122 Tonnen | 756 Tonnen | 9 Tonnen |
Eingesalzene Binden | 164 Tonnen |
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|
Totale Menge | 286 Tonnen | 756 Tonnen | 9 Tonnen |
Umfangreiche Projekte
Tierverkehrsdatenbank für Kleinwiederkäuer
Um eine lückenlose Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, müssen alle Bewegungen eines Tieres von der Geburt bis zur Schlachtung an die Tierverkehrsdatenbank (TVD) gemeldet werden. Seit Anfang 2020 gilt auch für Schaf- und Ziegenhalter die Registrierungspflicht für ihre Tiere.
Zur effizienten Abwicklung des Handels auf öffentlichen Schafmärkten wurde in Zusammenarbeit mit der Identitas AG ein Marktprogramm entwickelt, welches mithilfe einer Webapplikation die elektronische Erfassung der Ohrmarken ermöglichte. Dieses Programm konnte am 1. Juli 2020 eingeführt werden und wird seither auf allen Schafmärkten erfolgreich angewendet. Damit konnte die Lücke bei der Rückverfolgbarkeit auf den öffentlichen Schafmärkten geschlossen werden.
Vermeidung des Schlachtens von trächtigen Rindern und Kühen
Seit Einführung der Branchenregelung im Jahr 2017 trat keine markante Verbesserung ein und die Anzahl korrekt deklarierter Trächtigkeiten lag auch 2020 unter den Erwartungen. Die Branche forderte deshalb weitere Massnahmen. Die Branchenlösung wurde entsprechend weiterentwickelt und die Schlachtbetriebe erheben seit dem 1. Januar 2020 eine Gebühr von CHF 100.–/Tier für trächtige Rinder und Kühe, die unbegründet zur Schlachtung gebracht werden.
Klassifizierungsgerät für Haartiere
Das Klassifizierungsgerät BCC-3 für eine automatische Einstufung von Rinderschlachtkörpern wurde im Spätherbst 2019 im Schlachtbetrieb der SBAG Gossau SG eingebaut und die praktische Eignungsprüfung in Angriff genommen. Im Juli 2020 wurden unter Begleitung von Proviande in der SBAG Klassifizierungsresultate erhoben, womit die vorinstallierte EUROP-Tax-Formel von der CH-TAX-Formel abgelöst werden konnte.
In der nachfolgenden Kalibrierungsphase wurde die CH-TAX-Formel weiter justiert und die Kalibrierung konnte kurz vor Jahresende abgeschlossen werden. Aufgrund der erschwerten Bedingungen durch die Coronapandemie erlitt das Projekt leichte Verzögerung und die Gerätevalidierung musste auf 2021 verschoben werden.
Qualitätsentwicklung bei Banktieren und Lämmern
Durch die Zuchtfortschritte entwickeln die Banktiere immer grössere Edelstücke, welche nicht mehr portionen- und preisgerecht geschnitten werden können. Das Projekt konnte 2020 abgeschlossen werden. Produzenten, Handel und Verwerter einigten sich auf neue Preis- und Gewichtsabstufungen bei den Banktieren. Einerseits wurden die Zuschläge für vollfleischige Tiere etwas reduziert, anderseits Tiere mit idealem Schlachtgewicht und optimaler Qualität honoriert. Die Anpassungen traten ab 1. April 2020 in Kraft und sind eine erste Massnahme zur Optimierung der Schlachtkörperqualität.
Auch die Kundenbedürfnisse bei Lammfleisch haben sich gewandelt, weshalb über marktkonforme Preisabstufungen diskutiert wurde. Um Angebot und Nachfrage wieder besser in Einklang zu bringen, suchte Proviande mit den betroffenen Kreisen nach Lösungen. Produzenten, Handel und Verwerter einigten sich auf neue Preis- und Gewichtsabstufungen bei den Schafen und Lämmern. Die neuen Preise sollen dazu führen, dass Lammfleisch marktkonform produziert wird. Die Anpassungen traten am 1. November 2020 in Kraft.
Peter Schneider
Geschäftsbereichsleiter Klassifizierung & MärkteDer Geschäftsbereich Klassifizierung & Märkte führt im Auftrag des Bundes die neutrale Qualitätseinstufung von Lebendtieren und Schlachtkörpern durch, überwacht die öffentlichen Schlachtviehmärkte und kontrolliert die Ermittlung des Schlachtgewichts. Zudem engagiert er sich bei der Aus- und Weiterbildung von Landwirten und bringt sein Know-how in diversen internen und externen Projekten ein.